Tag 3: Drymen - Rowardennan
- Lena Stabel
- 24. Jan.
- 5 Min. Lesezeit
Früher Aufbruch
Bereits in der Früh - um 5 Uhr! - machte sich mein Biorhythmus bemerkbar. Jedenfalls falteten wir schon bald unser Zelt zusammen Mir war heute morgen etwas übel, weshalb wir es anfangs langsam angehen ließen. Dass die Kohletabletten bereits am dritten Tag zum Einsatz kommen würden, hatte ich auch nicht erwartet. Ob es aber nur an ihnen lag, dass es mir mit der Zeit wieder super ging und ich fit genug für den Tagesmarsch war, weiß ich auch nicht. Ich habe sie einfach als Prophylaxe eingeworfen. Besser als nix.
Die nächsten 300m waren uns von gestern noch ziemlich bekannt. Voller EHrfurcht betraten wir dann die Camping Management Zone, nichtsahnend, wie sehr wir diese am Abend noch verfluchen würden. Der Wald war eigentlich echt ganz schön. Manchmal ein bisschen wie in Grimms Märchen. Das Wetter meinte es ebenfalls gut mit uns, denn die Sonne lachte und der Himmel war stellenweise blau.
Conic Hill
Schließlich ging es an die Besteigung des Conic Hill! Im Reiseführer und auf diversen Blogs hatte ich schon gelesen, dass der Aufstieg etwas mühevoller sein sollte als die Trampelei durch die Lowlands. Und es stimmt. Der Anstieg war anstrengend (wahrscheinlich aber auch, weil unsere Muskulatur jetzt das erste Mal so richtig beansprucht wurde), aber er lohnte sich definitiv! Die Aussicht war atemberaubend und man konnte so ziemlich den ganzen Loch Lomond überblicken. Lediglich die vielen Rucksacklosen nervten uns ein wenig. Damit meine ich erneut die zahlreichen Tagestouristen, die bei dem schönen Wetter selbstverständlich zu Hauf auf den Berg trabten, ein paar Selfies für die Insta-Chronik schossen und dann wieder nach unten liefen, um überall herumzuerzählen, wie furchtbar anstrengend die heutige Wanderung war.
(**Nebenbemerkung: Natürlich kann jeder den WHW oder auch Teile davon so bereisen wie er möchte und ich verurteile das auch nicht. Als Weitwanderer wirst du aber sicher meine Gedanken auch irgendwie verstehen können und vielleicht auch die Blicke kennen, die dir - gerade als Frau - zugeworfen werden, wenn du mit einem 15 kg-Rucksack auf dem Rücken den Berg hinaufkletterst und auch wieder hinabsteigst. "Ach Gott, das arme Mädel" etc. scheint dann immer in den Augen zu stehen. Oder "Warum macht die das?". Weil's geil ist. Jedem das Seine ;) Und jetzt werde ich den Rest des Blogs wieder über die Rucksacklosen lästern, wie es mir beliebt.**)
Jedenfalls zogen wir kurz die Rucksäcke ab, suchten uns ein Plätzchen, was nicht allzu matschig war und machten eine ganz kurze Foto- und Verschnaufpause. Dann ging's auch schon weiter.
Was auf zahlreichen Blogs natürlich nicht erwähnt wird, ist, dass der Abstieg wesentlich anstrengender ist als der Aufstieg. Meistens denkt man sich, dass das Berg hochlaufen mega anstrengend ist, aber in Wirklichkeit ist es der Abstieg, der deinen Knien den letzten Kick gibt. Meiner Meinung nach ist das aber immer so und nicht nur mit 15 kg auf dem Rücken. Spätestens hier wirst du ein stilles und heimliches Dankgebet an den Erfinder der Walking Stöcke schicken.
Während die Rucksacklosen mit der Leichtigkeit einer Gazelle an uns vorbeihüpften, mühten wir uns trotz Stöcken etwas ab, u.a. um eben unsere Knie zu schützen, aber auch aufgrund des teils sehr steinigen Abstiegs, der teilweise von kleinen Bachläufen durchzogen wird.
Auf dem Weg nach unten nieselte es leicht, aber das verschleierte wenigstens etwas die fettigen Haare.
Ankunft in Balmaha
Richtung Balmaha liefen wir dann durch einen sagenhaften Wald, vermutlich der schönste auf der ganzen Strecke. So dicke Kiefern hatte ich noch nie gesehen. Und ich war echt schon zwei, drei Mal im Wald. Die Magie wäre aber wohl größer gewesen, wären weniger Vollidioten unterwegs gewesen. Eine Mutter machte ein Video von ihrer Tochter, wie sie abseits des Weges durch den Wald lief und sich drehte ... wozu?? Da wäre sie wieder, meine Beschwerde über die Tagestouristen.
In Balmaha gingen wir dann erstmal aufs Klo, einkaufen und dann was essen. Zurück in der Zivilisation mussten wir uns der gängigen Knigge rückbesinnen. Nachdem wir unsere Schuhe wieder anhatten, ging es auch schon weiter. Schließlich hatten wir noch ein gutes Stück vor uns. Auch wenn es sich zunächst so anfühlte, als ob wir bereits die Hälfte geschafft hätten.
Das Auf und Ab am Loch Lomond
Mieses Stichwort, aber wir dachten tatsächlich in der Naivität unserer Jugend, dass es nicht mehr viel auf und ab gehen würde, aber nach ca. 600 m wurden wir eines Besseren belehrt. Hach ja, da kam er auf, der Neid gegenüber den Rucksacklosen. Sie tänzelten erneut an uns vorüber. Es ging ab jetzt stetig am Loch Lomond entlang. Unterwegs sahen wir so einige malerische Buchten, die uns förmlich zum Zelten einluden - aber nein, falsch gedacht. Immer noch Camping Management Zone.
Einige Zeit verging und wir kamen an der Bucht Arrochybeg (keiner weiß, wie man DAS schon wieder ausspricht) an. Dort saß ein Mann im Schwimmring fest und ich hatte den Eindruck, dass bei ihm bald die Grenze zwischen spaßigem Planschen und hilflosem Herumgezappel verschwimmen würde. Außerdem ging eine Frau im Spaghettiträger-Top und Leggings schwimmen, zumindest wenn man das so nennen darf, was sie da fabrizierte. Wovor auch immer diese Kleidung sie schützen sollte. Vor einer Blasen- oder Nierenbeckenentzündung sicherlich nicht.
Egal, wir gingen auch hier nochmal auf die Toilette und widmeten uns dann wieder dem Weg.
Langsam aber sicher begannen unsere Füße dann doch, weh zu tun. Aber wir hatten noch ein Stück bis Buffalo, äh Rowardennan zu wandern. Die ständigen Campingplätze und malerischen Buchten machten es uns jedenfalls nicht gerade einfacher. Bei Cashell brannten dann meine Augen wie das Höllenfeuer Satans höchstpersönlich (ich trug noch meine Kontaktlinsen) und wir mussten (leider) eine kleine Pause einlegen, um auf die Brille umzusteigen.
Ab jetzt zog sich der Weg wirklich in die Länge, auch wenn es unglaublich schön am Loch Lomond war.
Kein Ende in Sicht
Ca. 3 km vor Rowardennan zogen wir dann nochmal die Schuhe aus und massierten uns die Stinkefüße, damit wir die letzten Kilometer gut bewerkstelligen konnten. In Rowardennan angekommen erwies sich die Einbildung, dass man direkt hinter der "Ortschaft" (dort gibt es eigentlich nur Unterkünfte und kein wirkliches Dorf) wieder wildcampen darf, als bodenlose Enttäuschung. Anne und ich fielen in ein tiefes schwarzes Loch. Noch weitere 2 km lagen vor uns. Und dann auch noch bergauf und nicht auf flachem Wege...
Eigentlich hatten wir gar keine Lust mehr. Am Ende von Rowardennan fanden wir ein B&B und klingelten aus purer Verzweiflung an der Tür. Weil das Tor offen war, traten wir einfach ein. Wir hofften, vielleicht dort im Garten gegen einen kleinen Obolus zelten zu dürfen, um uns die nächsten 2 km zu ersparen. Die Frau, die uns im Hof empfing, war ein bisschen barsch und erklärte uns, dass es keine Übernachtungsmöglichkeit gäbe und bat uns, die Tür doch bitte von außen zu schließen und somit vor weiteren ungebetenen Gästen zu schützen. Wir fühlten uns betrogen, dnen irgendwie sah es dort recht leer aus. Aber Pech gehabt, dann halt nicht. Mussten wir halt die 2 km noch laufen. Mit Ächzen und Stöhnen klappte das auch.
Doch ein Ende
Beim Anblick des Schildes mit der Aufschrift "You are now leaving the camping management zone" stieß ich ein lautes "Juche!" aus und ca. 5 Meter hinter dem Schild war auch schon der erste geeignete Platz. Zwar nicht das, was ich mir unter Camping am Loch Lomond vorgestellt hatte und direkt am Weg, aber es war ok. Und weiterlaufen mussten wir echt nicht. Wir bauten also unser Lager auf, sprühten uns mit smidge ein, welches wir in Balmaha im Supermarkt käuflich erworben hatten, und ab ging die Party. Während wir so unsere Sachen zurechtrückten, kamen zwei Rucksacklose vorbei und fragten uns (um 19.30 Uhr wohlgemerkt), ob wir nach Inversnaid gehen ... sehen wir so aus? Wir hatten mehr als 20 km in den Knochen, waren erledigt und unglaublich hungrig. Man sah mit Sicherheit schon die Knochen durch unsere T-Shirts ragen, so ausgehungert waren wir. Außerdem war Inversnaid 10 weitere km entfernt? "Viel Spaß bei der Nachtwanderung", dachte ich mir nur zynisch und packte den Kocher aus. Wir aßen und dann war auch schon Schalfenszeit.





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